25. Juli 2013 22:20 Uhr bz-berlin.de
Dutzende Hinweise auf Nazi-Verbrecher
Ulrike Ruppel

Seit Dienstag prangt der flammend rote Appell mit dem Auschwitz-Foto auf Berliner Plakatwänden und Litfaßsäulen: Für Hinweise zur Ergreifung von NS-Kriegsverbrechern verspricht das Simon-Wiesenthal-Zentrum bis zu 25.000 Euro Belohnung.

Initiator Efraim Zuroff (64) ist mit der Resonanz der „Operation letzte Gelegenheit“ zufrieden. „Täglich erreichen uns 30 bis 40 Anrufe und zahlreiche E-Mails“, sagte er der B.Z. „Darunter war viel Zuspruch. Aber es sind auch Dutzende Hinweise eingegangen.“ Die potenziellen Täter lebten in ganz Deutschland. Auch ein Holländer sei dabei. Schwerpunkt der Aktion ist mit 1000 Plakaten Berlin. Weitere 1000 hängen in Köln und Hamburg.

Warum jetzt? Dafür nennt Zuroff zwei Gründe. Zum einen die neue Rechtslage nach der Verurteilung des ehemaligen SS-Helfers Iwan Demjanjuk († 91). Dieser war 2011 in München wegen Beihilfe zum Mord in 28.060 Fällen zu fünf Jahren Haft verurteilt worden, die er aus Altersgründen aber nicht antreten musste.

Neue Rechtslage erleichtert Verurteilung

Vorher galt der Grundsatz, dass ein spezifisches Verbrechen an einem bestimmten Menschen nachgewiesen werden musste. Jetzt genügt der Nachweis, dass Angeklagte in Vernichtungslagern und Mordkommandos Dienst getan hatten – was die Chance auf eine Verurteilung erhöht.

Der zweite Grund sei, dass bislang schlicht Geld fehlte. „86 deutsche Unternehmen und Stiftungen hatten wir um Unterstützung gebeten, 82 Absagen kassiert“, so Zuroff.

Von den drei Zusagen (über eine vierte werde verhandelt) sei die Wall AG besonders wichtig gewesen. Sie stellt dem Zentrum in den Städten Plakatflächen für jeweils eine Woche zur Verfügung.

Und wie geht es weiter? „Wir werden die Hinweise auswerten und gegebenenfalls die Justiz einschalten“, so Zuroff. Er schätzt die Zahl der noch lebenden NS-Verbrecher auf bis zu 120. „Von den 6000 Schergen müssten statistisch noch zwei Prozent am Leben sein.“

Dieter Graumann, Präsident des Zentralrats der Juden, sieht das Kopfgeld zwiespältig. Prinzipiell begrüßt er die Aktion. „Wer für ein hochkriminelles Regime mordet, muss damit rechnen, irgendwann zur Verantwortung gezogen zu werden. Das ist die Botschaft. Und die ist immer aktuell.“

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