Schloss Batthyány:
Die Gräfin, Spross des Thyssen-Clans, gibt ein Fest
für Nazis. Grausiger "Höhepunkt": 200
Juden müssen sterben.
Der Massenmord am 24. März 1945 soll endlich aufgeklärt
werden, fordert das Simon Wiesenthal-Center. Doch was passierte
in jener Nacht? Die wissenschaftlichen Recherchen der Historikerin
Eva Holpfer und des Historikers David Litchfield gehen dieser
Frage nach.
Spaß am Massenmord
Am 24. März 1945 werden 600 Juden aus
Ungarn per Bahn ins burgenländische
Burg verfrachtet, um als Zwangsarbeiter beim "Südostwallbau" eingesetzt
zu werden. 200 Menschen werden wegen körperlicher
Schwäche selektiert und zum Bahnhof
Rechnitz umgeleitet. Zu dieser Zeit sind
die Russen nach Recherchen Litchfields nur
mehr 15 Kilometer entfernt. Am Abend wird
im Schloß Batthyany ein Fest abgehalten – die
Gäste der Schlossherrin Gräfin
Margit Batthyany, geborene Thyssen, sind
wie so oft die "zuverlässigsten
Getreuen des nationalsozialistischen Systems",
darunter die Leitung des Südostwallbaus
und Franz Podezin, Ortsgruppenleiter von
Rechnitz. Graf und Gräfin Batthyany
sind ebenfalls anwesend. Schließlich
kommt man auf die Idee, die Gäste zu
unterhalten.
David Litchfield beschreibt die Szenerie
in der FAZ folgendermaßen: "Franz
Podezin, NSDAP-Ortsgruppenleiter von Rechnitz
und Gestapo-Beamter, versammelte fünfzehn ältere
Gäste in einem Nebenraum des Schlosses,
gab Waffen und Munition an sie aus und lud
die Herren ein, 'ein paar Juden zu erschießen'." Im
nahe gelegenen Kreutzstadl hatte man die
200 Juden zusammengetrieben. "Man zwang
die Juden, sich nackt auszuziehen, bevor
sie von betrunkenen Gästen des Fests
ermordet wurden, die dann ins Schloss zurückkehrten,
um bis zum frühen Morgen weiter zu trinken
und zu tanzen. Nach Aussagen von Zeugen prahlten
einige Gäste des Festes am nächsten
Morgen mit den in der Nacht begangenen Greueltaten."
Zwei Nationalsozialisten verscharren die
Toten notdürftig, am nächsten Tag
werden die 18 Überlebenden die Gräber
schließen. Am Abend werden auch sie
ermordet.
Untersuchungen ohne Ergebnis
Wenige Tage nach dem Massaker rückten
sowjetische Truppen in Rechnitz ein. Die
Voruntersuchung zum Massaker wurde am 12.10.
1945 gegen Eduard Nicka, dem ehemaligen Kreisleiter
in Oberwart, Franz Podezin und weiteren sieben
Personen wegen Ermordung, Misshandlung und
Verletzung der Menschenwürde eingeleitet.
Laut Holpfer wurden schließlich fünf
Personen angeklagt: darunter Ludwig Groll,
ehemaliger Bürgermeister der Stadt Oberwart,
Josef Muralter, Leiter des Unterabschnitts "Rechnitz
II" und Hildegard Stadler, Kanzleikraft
im Einsatzstab. Nach und nach werden die
Anklagen wieder zurückgezogen. Lediglich
Ludwig Groll und Josef Muralter werden zu
acht und fünf Jahren Kerker verurteilt.
Für beide setzen sich in der Folge SPÖ und ÖVP
ein, ihre Urteile werden später zur
Bewährung ausgesetzt.
In einem weiteren Verfahren 1948 wurde Eduard
Nicka gemeinsam mit acht Personen angeklagt.
Der Pfarrer von Rechnitz und die Bevölkerung
setzten sich ebenfalls für einen Freispruch
ein. Zeugen sind inzwischen rar: 1946 wurden
die zwei Hauptzeugen ermordet, seitdem herrscht
in der Bevölkerung Angst. Schlussendlich
werden alle Klagen fallen gelassen. Nie wurde
Anklage gegen die Gräfin Battyany erhoben:
Sie flieht in die Schweiz und gewährt
dem flüchtigen Podezin Unterschlupf.
1989 verstirbt die Schwester des Kunstmäzens
Baron Heinrich Thyssen-Bornemisza. Seine
Tochter ist Francesca von Habsburg.
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