SZ vom 26.11.2013 sueddeutsche.de
Justiz ermittelt gegen Auschwitz-Aufseherin

München - 285 Hinweise, 110 Verdächtige, vier Ermittlungsverfahren - das ist die erste Bilanz einer Plakatkampagne, mit der das Simon-Wiesenthal-Zentrum seit Juli versucht, noch lebende NS-Verbrecher aufzuspüren. Die Staatsanwaltschaften in Ludwigsburg, Berlin und Dortmund wollten Ergebnisse zu den vier Ermittlungsverfahren im Dezember vorlegen, sagte Efraim Zuroff, der Direktor des Jerusalemer Wiesenthal-Zentrums. Die Personen sind deutsche Staatsbürger und älter als 85 Jahre. In einem Fall handele es sich um eine KZ-Aufseherin, die in Auschwitz und in anderen Konzentrationslagern tätig gewesen ist, sagte Zuroff.

Ein weiterer mutmaßlicher NS-Verbrecher war offenbar Wächter im KZ Dachau. Wie die Süddeutsche Zeitung erfuhr, soll ein Zeuge den früheren SS-Mann stark belasten. Der habe sich vor ihm gebrüstet, 'Russenweiber erledigt' zu haben. Zudem laufen Ermittlungen gegen einen Mann, der 1944 als Mitglied der Waffen-SS an dem Massaker im französischen Dorf Oradour beteiligt gewesen sein soll. Angehörige der SS-Division 'Das Reich' ermordeten dort 642 Menschen. Möglicherweise sei der Verdächtige noch in weitere Massaker in Frankreich verwickelt, hieß es. Beim vierten Fall handelt es sich um einen alten Mann, der allerlei Nazi-Memorabilien horten soll, auch von Waffen war die Rede. Inwiefern er in Verbrechen verwickelt sein könnte, ist noch unklar.

Zuroff kündigte an, die bislang auf drei Städte beschränkte Plakatkampagne 'Operation Last Chance II' auszuweiten. Er hoffe, Mitglieder der 'Einsatzgruppen' zu finden, die im Zweiten Weltkrieg hinter der Front Hunderttausende Menschen ermordeten. Oliver Das Gupta

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