26. November 2013 berliner-zeitung.de
Hinweise auf vier mutmaßliche NS-Verbrecher

Ein Verdächtiger soll an einem Massaker der Waffen-SS in Frankreich beteiligt gewesen sein, eine Frau soll in Auschwitz als KZ-Aufseherin gearbeitet haben: Eine Plakatkampagne lieferte Nazi-Jägern in den vergangenen Monaten Hinweise auf vier mutmaßliche NS-Verbrecher.

Dank Hinweisen aus der Bevölkerung sind im Rahmen der im Sommer gestarteten Kampagne „Operation Last Chance II“ Nazi-Jäger mindestens vier mutmaßlichen NS-Verbrechern auf die Spur gekommen. Darunter ist eine Frau, die KZ-Aufseherin im Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau gewesen sein soll.

Dieser und ein weiterer Fall liegen jetzt bei der Zentralstelle zur Aufklärung nationalsozialistischer Verbrechen in Ludwigsburg, wie der Direktor der israelischen Abteilung des Simon-Wiesenthal-Zentrums, Efraim Zuroff, am Montag in München sagte. Weitere zwei Fälle habe man an die Staatsanwaltschaften in Berlin und Nordrhein-Westfalen übergeben.

Insgesamt seien telefonische Hinweise auf 110 Verdächtige eingegangen, die möglicherweise an NS-Kriegsverbrechen beteiligt waren, sagte Zuroff. 71 der Verdächtigen würden in Deutschland leben.

285 Hinweise auf Verdächtige weltweit

Bei einem der vier mutmaßlichen NS-Verbrecher handelt es sich um einen Mann, der im KZ in Dachau bei München eingesetzt gewesen sein soll. Ein weiterer soll an dem Massaker von Oradour beteiligt gewesen sein: Am 10. Juni 1944 hatte das SS-Panzerregiment „Der Führer“ innerhalb weniger Stunden den kleinen Ort Oradour-sur-Glane in Zentralfrankreich ausgelöscht. 642 Dorfbewohner wurden ermordet, darunter 207 Kinder.

Nähere Angaben zu den vier Verdächtigen wollte Zuroff auf Nachfrage nicht machen. Er sagte aber, alle vier seien heute Mitte bis Ende achtzig Jahre alt.

Insgesamt sei man 285 Hinweisen nachgegangen, sagte Zuroff. Diese lebten heute in 17 Ländern, die meisten davon - nämlich mehr als 80 - in Deutschland.

Die Recherchen hätten dann ergeben, dass einige der Verdächtigen schon gestorben seien. Oftmals hätten zudem entscheidende Beweise für eine juristische Weiterverfolgung gefehlt, heiß es. Einige Untersuchungen seien aber auch noch nicht vollständig abgeschlossen.

Die Plakatkampagne unter dem Motto „Spät. Aber nicht zu spät!“ soll nach dem Erfolg in Berlin, Hamburg und Köln nun in acht Städten weitergehen. In Leipzig, München, Magdeburg, Rostock, Stuttgart, Dresden, Nürnberg und Frankfurt sollen 2500 Plakate geklebt werden.

Das Simon-Wiesenthal-Center hat eine Belohnungen für Hinweise ausgesetzt. Bis zu 25000 Euro können Hinweisgeber bei einer Verurteilung von Verdächtigen erhalten. Dieses Vorgehen hatte im Sommer vereinzelt auch für Kritik gesorgt.

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