Berlin -- Es sind nicht mehr viele. Doch noch leben sie unter uns. Menschen, die Schreckliches getan haben. Menschen, die Zahnräder in der Mordmaschinerie der Nazis waren. Nun wurde wieder ein NS-Verbrecher enttarnt. Er lebt in Berlin.
Mehr als 41.500 Menschen starben im Konzentrationslager Dachau, über 200.000 Insassen erlebten hier qualvolle Grausamkeiten. Mittendrin: Ein junger Mann, geboren 1926, 1945 bei der Befreiung des Lagers noch nicht einmal 20 Jahre alt. Ein Aufseher, eines der Zahnrädchen.

Nachdem er nun 68 Jahre unbehelligt unter uns gelebt hat, ermittelt die Staatsanwaltschaft gegen ihn. „Wegen des Verdacht des Mordes“, so der Sprecher der Staatsanwaltschaft Berlin, Martin Steltner, zum KURIER. Inwieweit der heute 87-Jährige am Alltagsgeschäft Massenmord beteiligt war, gilt es jetzt zu klären. Steltner: „Wir ermitteln. Im Spätsommer haben wir den Hinweis bekommen.“

Und dieser Hinweis kam von keinem Geringeren als dem obersten Nazi-Jäger unserer Zeit. Efraim Zuroff, Direktor des Simon-Wiesenthal-Centers in Jerusalem und Koordinator der Verfolgung von NS-Kriegsverbrechen weltweit. Der KURIER erreichte den 65-Jährigen auf dem Handy. „Wir haben den Tipp auf den Verdächtigen von einem Informanten bekommen“, so der gebürtige New Yorker. „Auch er lebt in Berlin, berichtete von einem Aufseher aus Dachau. Wir sind der Sache nachgegangen – und glauben einen NS-Verbrecher gefunden zu haben.“

25.000 Dollar (knapp 18.500 Euro) verspricht das Center für Tipps, die zur Aufklärung nationalsozialistischer Verbrechen beitragen.

Zuroff beweist mit seiner Arbeit einen langen Atem. Denn die Ziele im Fadenkreuz des Nazi-Jägers sind inzwischen meist weit über 80. „Trotzdem sind sie Täter und Helfer des Völkermordes gewesen“, sagt der israelische Historiker.

Der jetzige Tipp kam durch die aktuelle Plakatkampagne „Spät, aber nicht zu spät“ des Centers zustande. Insgesamt gingen Hinweise auf vier mutmaßliche Nazi-Verbrecher in Deutschland ein.

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