08.01.2014 spiegel.de
Verfahren in Hagen: Gericht stellt Mordprozess gegen Ex-SS-Mann ein

Der frühere SS-Mann Siert B. soll im Zweiten Weltkrieg einen niederländischen Widerstandskämpfer ermordet haben. Nun hat das Landgericht Hagen den Prozess gegen den 92-Jährigen eingestellt. Begründung: Beweise seien verlorengegangen.

Hagen - Der Prozess gegen den früheren SS-Mann Siert B. wegen der Ermordung eines niederländischen Widerstandskämpfers ist eingestellt worden. In der seit der Tat vergangenen Zeit seien Beweise verlorengegangen, begründete das Landgericht Hagen die Entscheidung. Zeugen zu befragen und zu hinterfragen sei weitgehend nicht mehr möglich gewesen.

Der heute 92-jährige Siert B. war angeklagt, mit einem Vorgesetzten einen Gefangenen auf einer fingierten Flucht erschossen zu haben. Er war 1949 in den Niederlanden in Abwesenheit zum Tode und 1980 in Deutschland in einem anderen Fall wegen Beihilfe zum Mord zu sieben Jahren Haft verurteilt worden.

Die Tat hatte sich am 21. September 1944 zu einem Zeitpunkt ereignet, als die Alliierten in den Niederlanden schon auf dem Vormarsch waren und Hitler den sogenannten "Niedermachungsbefehl" gegeben hatte. Die Grenz- und Sicherheitspolizei in der Hafenstadt Delfzijl hatte das spätere Opfer Aldert Klaas Dijkema auf einem Bauernhof festgenommen. Mehreren Zeugenaussagen zufolge hatten anschließend B. und sein direkter Vorgesetzter August N. den Befehl, Dijkema auf einer fingierten Flucht zu erschießen.

Die Staatsanwaltschaft beantragte in dem Prozess eine lebenslange Haftstrafe. Die Verteidigung forderte einen Freispruch, weil B. von dem Vorhaben der Vorgesetzten nichts gewusst und auch nicht selbst geschossen habe. Der gebürtige Niederländer weist den Vorwurf zurück, an der Ermordung Dijkemas beteiligt gewesen zu sein.

Die Anklage betonte, der Befehl zu der Ermordung sei zwar von höherer Stelle gekommen. Eine Befehlsverweigerung sei aber auch damals möglich gewesen und hätte keine schwersten Folgen gehabt. Zwar stehe nicht sicher fest, dass B. selbst geschossen habe, sagte der Oberstaatsanwalt Gerichtsangaben zufolge. Der Angeklagte habe aber den Tod des Widerstandskämpfers gewollt und die Erschießung jedenfalls mit ermöglicht. Damit sei er zumindest Mittäter bei dem Mord gewesen.

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