Freitag, 28.02.2014 – 15:47 Uhr spiegel.de
Verhandlungsunfähigkeit: Gericht lehnt Prozess gegen Hans Lipschis ab

Das Landgericht Ellwangen wird wohl kein Hauptverfahren gegen den mutmaßlichen früheren Auschwitz-Wachmann Hans Lipschis eröffnen. Seine Demenz macht den 94-Jährigen verhandlungsunfähig.

Ellwangen - Hans Lipschis wird voraussichtlich nicht wegen tausendfacher Beihilfe zum Mord im Konzentrationslager Auschwitz vor Gericht gestellt. Das Landgericht Ellwangen hat die Eröffnung eines Hauptverfahrens gegen den mutmaßlichen früheren SS-Wachmann wegen Verhandlungsunfähigkeit abgelehnt. Der 94-Jährige leidet demnach an Demenz.

Die Staatsanwaltschaft Stuttgart hatte Lipschis vorgeworfen, von 1941 bis 1943 mehrere Wochen lang Wachbereitschaft im KZ Auschwitz gehabt und so "den Lagerbetrieb und damit die Vernichtungsaktionen" unterstützt zu haben. Der 94-Jährige war im vergangenen Mai verhaftet worden, im September erhob die Staatsanwaltschaft Anklage.

Die Entscheidung des Ellwanger Landgerichts kommt nicht überraschend. Schon im Dezember hatten die Richter Lipschis für verhandlungsunfähig erklärt und seine Freilassung aus der Untersuchungshaft angeordnet. Es entschied nun zudem, dass ihm eine Entschädigung zustehe.

Gegen die Entscheidung des Gerichts kann Beschwerde eingelegt werden. Seinem Anwalt zufolge hatte Lipschis nach der Entlassung einen Unfall, musste operiert werden und ist nun in einem Pflegeheim. Der Verteidiger sagte, er halte die Entscheidung für richtig, gehe aber davon aus, dass die Staatsanwaltschaft sie anfechten werde.

Lipschis war in den achtziger Jahren aus den USA ausgewiesen worden, weil er bei seiner Einreise 1956 über seine NS-Vergangenheit gelogen hatte. Seither lebte er in Deutschland. Er hatte zugegeben, in Auschwitz gewesen zu sein. Beteiligung an Verbrechen hatte er aber stets bestritten - er sei nur Koch gewesen.

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