Mehr als
60 Jahre nach Ende des Zweiten Weltkrieges sind immer noch
Hunderte
NS-Verbrecher auf freiem Fuß. Ganz oben auf der Liste:
der österreichische Mediziner Aribert Heim.
Auch mehr als 60 Jahre nach dem Ende der
nationalsozialistischen Terrorherrschaft
sind noch nicht alle Gräueltaten restlos
geklärt. Am Mittwoch stellte das Simon-Wiesenthal-Zentrum
eine neue Liste mit Namen von Hunderten
Verdächtigen vor, die vermutlich immer
noch auf freiem Fuß sind.
Auf der Liste der meistgesuchten NS-Verbrecher
steht der österreichische Mediziner
Aribert Heim an erster Stelle. Heim wäre
heute 93 Jahre alt, und "wir haben
gute Gründe zu glauben, dass er noch
am Leben ist", sagte der Direktor
des Wiesenthal-Zentrums, Efraim Zuroff.
Heim soll 1941 als SS-Arzt im Konzentrationslager
Mauthausen zahlreiche Häftlinge grausam
gefoltert und getötet haben. "Von
allen Lagerärzten in Mauthausen war
Heim der schrecklichste", sagte ein
ehemaliger politischer Gefangener 1949
aus. Die Aussage wird in einem österreichischen
Haftbefehl für Heim zitiert.
Heim arbeitete nach dem Krieg als Arzt
in Süddeutschland. Als 1962 Anklage
gegen ihn erhoben wurde, tauchte er unter.
Hinweise auf seinen Aufenthaltsort kamen
in den vergangenen Jahren aus Uruguay,
Spanien, der Schweiz, Chile und Brasilien.
Das Simon-Wiesenthal-Zentrum plant für
diesen Sommer eine Medienkampagne in Südamerika.
Darin soll auf die Belohnung in Höhe
von 485.000 Dollar (310.000 Euro) für
Heims Festnahme verwiesen werden. Die Belohnung
wurde von dem Zentrum gemeinsam mit Deutschland
und Österreich ausgesetzt.
Etwa 17,5 Millionen Opfer
Heim hat zwei Söhne in Deutschland
und eine Tochter, die in Chile lebte. Ihr
derzeitiger Aufenthaltsort ist nicht bekannt.
Nach Heim stehen auf der Liste der meistgesuchten
NS-Verbrecher: der mutmaßliche ehemalige
KZ-Aufseher John Demjanjuk, der sich gegen
seine Auslieferung aus den USA wehrt; der
Ungar Sandor Kepiro, der während des
Krieges in die Ermordung von mehr als 1000
Zivilpersonen in Serbien verwickelt gewesen
sein soll; der in Österreich lebende
frühere kroatische Polizeichef Milivoj
Asner, der an der Deportation von hunderten
Menschen beteiligt gewesen sein soll sowie
das frühere SS-Mitglied Sören
Kam, der in Dänemark wegen der Ermordung
eines Journalisten 1943 gesucht wird.
Ein bayerisches Gericht verhinderte 2007
Kams Auslieferung mit der Begründung,
es lägen keine ausreichenden Beweise
für die Mordvorwürfe vor.
Nach mehr als 60 Jahren wurde das weltgrößte
Holocaust-Archiv in Bad Arolsen offiziell
für die Wissenschaft und für
interessierte Besucher geöffnet. In
den Akten des Internationalen Suchdienstes
(ITS) lagern mehr als 50 Millionen Hinweise
auf etwa 17,5 Millionen Opfer des nationalsozialistischen
Terrors.
Nach Angaben des Archivs handelt es sich
dabei um die größte Sammlung
von Originaldokumenten des NS-Regimes über
KZ-Häftlinge, Zwangsarbeiter und andere
Verfolgte. Bis November vergangenen Jahres
durften nur die Opfer der NS-Verfolgung
und deren Familienangehörige Einblick
in die Unterlagen nehmen. Nun sollen diese
nach und nach digitalisiert und neu geordnet
werden, damit auch Gedenkstätten und
Wissenschaftler die historischen Informationen
nutzen können.
sueddeutsche.de
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