30.01.2016 um 12:00 Uhr lz.de
Auschwitz-Prozess: Demjanjuk-Verfahren löst die Ermittlungen aus
Astrid Sewing

Kreis Lippe. Die Recherche war für Oberstaatsanwalt Andreas Brendel mühevolle Kleinarbeit, sie hat Jahre in Anspruch genommen. Im Februar wird der Prozess gegen einen Lagenser eröffnet, der Angehöriger der SS-Panzer-Division „Totenkopf" und in Auschwitz tätig war.

Brendel hat 1995 seine Arbeit als Staatsanwalt in der nordrhein-westfälischen Zentralstelle für die Bearbeitung von NS-Massenverbrechen in Dortmund begonnen. Die Ermittlungen gegen den 93-Jährigen haben den Juristen bis in das KZ Auschwitz geführt. „Bei den Ermittlungen gegen Demjanjuk sind Kompanielisten ausgewertet worden. In Auschwitz sind wir diesen Hinweisen nachgegangen und haben gemeinsam mit der Museumsleitung recherchiert. So kamen wir auf die Spur des Lagensers", sagt Brendel.

Insgesamt habe die deutsche Justiz Vorermittlungen gegen rund 50 mutmaßliche Angehörige des Personals von Auschwitz aufgenommen. Hintergrund ist eine geänderte Rechtsauffassung, die ebenfalls mit dem Urteil gegen den ukrainischen KZ-Wachmann Iwan „John" Demjanjuk zusammenhängt. Danach können Staatsanwälte auch ohne individuell zuzuordnende Beweise für konkrete Verbrechen gegen Personen ermitteln und Anklage erheben, die in einem bestimmten Zeitraum in einem nationalsozialistischen Konzentrations- oder Vernichtungslager tätig waren.

Nach dem Münchner Urteil genügt allein die nachweisliche Anwesenheit als SS-Mitglied, um den Tatbestand der Beihilfe zum Mord zu erfüllen. Das hatten deutsche Gerichte bis zum Urteil gegen Demjanjuk anders gesehen. Brendel: „Ermittelt wird wegen Beihilfe zum Mord – das ist neben eigenhändigem oder mittelbarem Mord der einzige Vorwurf, der noch nicht verjährt ist, also strafrechtlich verfolgt werden kann."

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