03.02.2016 hiergeblieben.de
AEhemaliger SS-Mann wird wieder untersucht / 94-Jähriger soll vom 11. Februar an vor Gericht stehen - "Wir gehen davon aus, dass der Prozess stattfindet"
Von Bernd Bexte

Detmold (WB). Wenige Tage vor dem geplanten Beginn des Detmolder Auschwitz-Prozesses wird der 94-jährige Angeklagte Reinhold H. erneut auf seine Verhandlungsfähigkeit untersucht.

Er soll sich vom 11. Februar an wegen des Vorwurfs der Beihilfe zum Mord in mindestens 170.000 Fällen vor dem Landgericht Detmold verantworten. Wegen eingeschränkter Verhandlungsfähigkeit darf er nur zwei Stunden pro Tag - zwölf Termine sind bislang vorgesehen - vor Gericht stehen. So hatte es ein medizinischer Gutachter entschieden. Nach Informationen dieser Zeitung war H., einst Mitglied der SS-Wachmannschaft, im Januar wegen psychischer Probleme eine Woche in stationärer Behandlung. Vor allem die breite öffentliche Aufmerksamkeit - über den anstehenden Prozess berichten zahlreiche in- und ausländische Medien -, habe ihm zugesetzt, ist aus dem Umfeld zu hören. Das Landgericht Detmold hat deshalb den Arzt eingeschaltet, der H. bereits vor knapp drei Monaten untersucht hatte. Er werde "in diesen Tagen" H. erneut auf dessen Verhandlungsfähigkeit überprüfen. "Das ist bei dem hohen Alter des Mannes nichts Ungewöhnliches. Wir rechnen fest damit, dass der Prozess wie geplant in der nächsten Woche beginnen kann", sagt Richterin Anneli Pauline Neumann. Davon gehen auch die Verteidiger des 94-jährigen Mannes aus Lage aus, Rechtsanwalt Johannes Salmen aus Lage und Rechtsanwalt Andreas Scharmer aus Detmold. "Wir haben keine Anhaltspunkte dafür, dass sich an dem geplanten Prozess etwas ändern wird", sagt Scharmer. Mit einem verbindlichen Ergebnis sei aber wohl erst Anfang nächster Woche zu rechnen.

Reinhold H. ist angeklagt, zwischen 1943 und 1944 geholfen zu haben, mindestens 170.000 Menschen zu töten. In diesem Zeitraum kamen 92 Transporte mit jüdischen Deportationsopfern aus Ungarn an. Wer nicht arbeitsfähig war, wurde in die Gaskammern getrieben. Als Teil des SS-Totenkopfsturmbanns war es der zuständigen Dortmunder Staatsanwaltschaft zufolge Aufgabe des Angeklagten, das Lager und die Transporte zu bewachen. H. war bereits 1942 in Auschwitz. Er wird sich aber nur für Taten verantworten müssen, die er als Volljähriger verübt hat, also nach Vollendung des 21. Lebensjahres.

Bildunterschrift: Wegen der großen Zahl der Nebenkläger und Medienvertreter wird das Gericht im Detmolder IHK-Gebäude verhandeln.

hiergeblieben.de