Was geschah 1940
bis 1945 in Schönbrunn? Was wussten die Ordensschwestern über
die sogenannte Euthanasie, die zunächst offiziell verordnet,
1942 dann auf Druck der Öffentlichkeit geheim als "wilde
Euthanasie" weitergeführt wurde und der eine nicht
genau bekannte Zahl von Schönbrunner Patienten in Haar
zum Opfer fiel?
Welche
Rolle
spielte
der Dachauer
Professor
Hans Joachim
Sewering
dabei,
dem nachgewiesen
wurde,
dass er
damals
als junger
Arzt eine Überweisung
unterschrieb
für
eine 14-jährige
behinderte
Schönbrunn-Patientin,
die dann
in der
Anstalt
Haar-Eglfing
ermordet
wurde.
Und hat
die Justiz
gar den "Fall
Sewering" verschlafen?
Die Süddeutsche
Zeitung
hatte
1997 Gelegenheit,
in einem
Exklusiv-Interview
mit der
Generaloberin
der Schönbrunner
Schwestern,
Schwester
Maria
Benigna
Sirl,
sowie
mit dem
Pressereferenten
des Erzbischöflichen
Ordinariats
München,
Domkapitular
Dr. Sebastian
Anneser, über
diese
Fragen
zu sprechen.
SZ: Über
die Umstände
in den
frühen
40er Jahren
in der
Behinderteneinrichtung
Schönbrunn
kursieren
zwei Versionen,
soweit
es das
Thema
Euthanasie
und Transport
nach Haar-Eglfing
angeht.
Einmal
jene,
die Professor
Hans Joachim
Sewering
verbreitet
hat, nämlich
dass man
1943 hier
in Schönbrunn "nichts
mehr geahnt" habe;
zum anderen
die, welche
die "Kongregation
der Dienerinner
der Göttlichen
Vorsehung" von
Schönbrunn
durch
eine offizielle
Erklärung
bekräftigt
hat, wonach
1943/44
noch Sammeltransporte
durchgeführt
wurden.
Die Schwestern
wussten,
was mit
den Sammeltransporten
1940/41
geschah
und hätten
aus eigenem
Ermessen
niemals
Einweisungen
der ihnen
anvertrauten
Menschen
nach Haar
organisiert.
Wie war
das denn
damals
wirklich?
Schwester
Benigna:
Im Interview
der Süddeutschen
Zeitung
vom Januar
1993 hat
Herr Sewering
gesagt,
dass er
volles
Einverständnis
mit den
Schwestern über
die Verlegungen
nach Haar
gehabt
hätte.
In dem
Interview
hat er
den Eindruck
erweckt,
dass den
Schwestern
in Schönbrunn
nicht
bekannt
gewesen
ist, was
mit den
Patienten
- also
den dorthin
verlegten
behinderten
Menschen
- in Haar
passiert.
Sie hätten
die Verlegungen
deshalb
guten
Glaubens
mehr oder
weniger
auch befürwortet.
- Das
kommt
aus dem
Interview
so heraus,
und das
war der
Auslöser,
dass wir
damals
sagten,
dem ist
nicht
so. Weil
es nicht
geht,
daß Professor
Sewering
die Verantwortung
für
die Verlegungen
damit
den Schwestern
zuschiebt.
SZ: .
. . für
Verlegungen,
bei denen
er als
Arzt seine
Unterschrift
unter
die Transportakte
gesetzt
hat.
Schwester
Benigna:
. . .
ja, in
diesem
einen
Fall (der
Babette
Fröwis,
die als
Jugendliche
aus Schönbrunn
nach Haar
transportiert
und dort
als Opfer
der sogenannten
Euthanasie
ermordet
wurde;
d. Red.).
Aus unseren
Unterlagen
können
wir belegen,
dass 1943
insgesamt
203 behinderte
Menschen
nach Haar
verlegt
wurden
und davon
allein
am 22.
Dezember
179 Menschen.
Also war
es ein
Sammeltransport
und nicht
eine Einzelüberweisung
oder -einweisung
nach Haar.
Wer diese
Einweisungen
veranlasst
hat, ist
uns nicht
bekannt.
Wir wussten
auch nichts
Näheres
von dieser
Babette
Fröwis
bis zu
dem Zeitpunkt,
als das
im Spiegel
erschienen
ist (1978
und 1993;
d. Red.).
Wir wollten
das richtigstellen
aus unserer
Sicht,
dass eben
die Schwestern
sehr wohl
wussten,
dass zwischen
1940 und
1944 planmäßiger
Abtransport
von behinderten
Menschen
erfolgt
ist von
Schönbrunn
nach Haar.
In diesem
Zusammenhang
haben
wir erklärt:
Die Schwestern
ahnten,
was mit
diesen
Leuten
dort passiert,
dass so
genanntes "unwertes
Leben" vernichtet
wird.
Aus dieser
Zeit – 1940
und 1941
vor allem
...
SZ: ...
als Euthanasiemorde
auf offizielles
Geheiß und
systematisch
ausgeführt
wurden
...
Schwester
Benigna:
... ja.
In diesem
Zusammenhang
wurde
von uns
geäußert:
Die Schwestern
wussten
sehr wohl,
was dort
passiert.
1943 gab
es noch
einmal
Sammeltransporte.
Da wussten
die Schwestern
natürlich
nicht,
was dort
tatsächlich
passiert,
sondern
aus dem
Erleben
dieser
Zeit und
aus eigener
Veranlassung
hätten
sie natürlich
nie jemanden
dorthin
verlegt.
Das Miterleben
der Transporte,
dieser
schlimmen
Zeit war
schwer.
Die behinderten
Menschen
haben
gefühlt,
was mit
ihnen
passiert
und sich
dagegen
gewehrt,
und die
Schwestern
waren
dem machtlos
ausgeliefert.
Sie konnten
das nicht
verhindern.
Sie konnten
lediglich
- und
das ist
ja in
Schönbrunn
gemacht
worden
- die
Akten "säubern" in
einer
großen
Aktion
bei Nacht.
Es sind
ja von
außen
SS-Ärzte
gekommen
und haben
die Akten
durchforstet.
Die Schwestern
haben
durch
diese
Aktion
manchem
das Leben
gerettet.
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