28.09.2017 - 16:56 Uhr bild.de
TV-Magazin spürt mutmaßliche NS-Verbrecher auf

Berlin – Kurz vor dem 76. Jahrestag des Massakers von Babi Jar (Ukraine) hat das ARD-Politikmagazin „Kontraste“ zwei mutmaßliche Täter ermittelt.

Es handle sich um ehemalige Waffen-SS-Angehörige, die bis heute von Strafverfolgungsbehörden unbehelligt in Deutschland leben, so die Redaktion. 
Bei dem Massaker nahe Kiew hatten deutsche Einheiten am 29. und 30. September 1941 mehr als 30 000 Juden in einer Schlucht erschossen, darunter viele Frauen und Kinder. Laut Recherchen von Kontraste gehörten die jetzt aufgespürten Männer der Einsatzgruppe C an, die auch in Babi Jar im Einsatz war.

Die 94 und 95 Jahre alten Männer seien in „guter Verfassung“, hieß es. Beide gaben Interviews, in denen sie sich zur Beteiligung an NS-Verbrechen aber nicht äußern wollten, beziehungsweise diese bestritten. Schon 1965 habe das Hessische Landeskriminalamt die beiden Männer als Angehörige eines Waffen-SS-Bataillons identifiziert. Strafrechtlich belangt wurden die Männer damals nicht.
Derzeit laufen Vorermittlungen gegen die beiden und sechs weitere noch lebende Angehörige der SS-Einsatzgruppen von Seiten der Zentralen Stelle zur Aufklärung nationalsozialistischer Verbrechen in Ludwigsburg. Sie gehen auf einen Hinweis des Simon-Wiesenthal-Zentrums in Jerusalem vom September 2014 zurück. Bislang habe die Zentrale Stelle aber noch keinen Fall an eine Staatsanwaltschaft abgegeben.

Efraim Zuroff, Leiter des Simon-Wiesenthal-Zentrums, übte scharfe Kritik: „Worauf warten sie? Darauf, dass sie sterben? Dass sie krank werden und nicht mehr vor Gericht gestellt werden können?“
Ex-Außenminister Joschka Fischer, der deutsche Vertreter in der Stiftung für ein Holocaust-Zentrum in Kiew, sagte dem Magazin, er habe kein Verständnis für das Verhalten der Justiz. „Es ist Pflicht der Strafverfolgungsbehörden, bei Mord oder sogar Massenmord tätig zu werden.“

Der Leiter der Zentralen Stelle, Jens Rommel, verwies auf die dünne Personaldecke der Behörde. Man habe die Ressourcen auf Ermittlungen gegen ehemalige Angehörige von Konzentrations- und Vernichtungslagern gerichtet. „Dort ist die Beweis- und Rechtslage viel übersichtlicher als bei den Einsatzgruppen“, so Rommel. Bloße Mitgliedschaft in einer Einsatzgruppe begründe noch keinen Anfangsverdacht zum Mord.

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