Seit dem Entstehen der NSDAP im Jahr 1920 verkündete Adolf
Hitler seinen unerbittlichen Hass auf die Juden und forderte
die “Entfernung der Juden überhaupt”. Deshalb
war es wenig überraschend, dass innerhalb weniger Wochen
nach seiner Ernennung zum Reichskanzler am 30. Januar 1933
die von Nationalsozialisten geführte Regierung damit begann,
Juden per Gesetz aus allen Lebensbereichen auszugrenzen. Diese
Entwicklung wurde begleitet von gelegentlichen Gewaltaktionen
gegen Juden, willkürlichen Festnahmen und Berufsverboten.
Die erste öffentliche antijüdische Aktion war
der Boykott der jüdischen Geschäfte am 1. April
1933. Sechs Tage später wurden Juden per Gesetz aus
dem öffentlichen Dienst ausgeschlossen (ausgenommen
diejenigen, die im I. Weltkrieg Frontsoldaten waren). Wenig
später folgten Gesetze, welche die Ausübung der
Berufe für jüdische Ärzte und Juristen stark
einschränkten, die Zahl von jüdischen Studenten
begrenzten und Juden aus dem Journalismus und aus dem kulturellen
Leben ausschlossen. Begleitet wurden diese gesetzlichen Maßnahmen
durch Terror: die Inhaftierung von Juden in Konzentrationslagern.
Dort wurden sie besonders grausam behandelt und oft getötet.
Im Zusammenhang mit dem Wiederanschluss des Saarlands im
Januar 1935 begann eine neue Welle lokalen Terrors, begleitet
von einer Hetzpropagandakampagne und Massenversammlungen,
organisiert von Joseph Goebbels und Der Stürmer-Herausgeber
Julius Streicher. Es folgten die berüchtigten “Nürnberger
Gesetze” vom September 1935, mit denen Juden die deutsche
Staatsbürgerschaft entzogen (“Reichsbürgergesetz”),
Heirat oder Liebesbeziehungen mit Nichtjuden verboten und
Juden als “Rasse” definiert wurden (“Gesetz
zum Schutze des deutschen Blutes und der deutschen Ehre“).
Es folgte eine Phase relativer Ruhe, in der die Arisierung
jüdischen Eigentums vorbereitet wurde.
Mit dem Anschluss Österreichs im März 1938 und
des Sudetenlands im September 1938 gerieten über 200.000
weitere Juden unter das Joch der Nationalsozialisten. Am
28. Oktober 1938 wurden 15.000 bis 17.000 polnische Juden,
die in Deutschland gelebt hatten, nach Polen abgeschoben.
Als Polen sich weigerte, sie aufzunehmen, saßen sie
zwischen zwei Ländern in der Falle. Am 7. November 1938
erschoss Herschel Grynspan, dessen Eltern sich unter den
Ausgewiesenen befanden, Ernst Vom Rath, einen deutschen Diplomaten
in Paris. Dieser Mord diente als Vorwand für die berüchtigte
Reichskristallnacht, ein Pogrom, der im ganzen Reich in der
Nacht vom 9. auf den 10. November 1938 stattfand. Dabei wurden
mehr als 100 Juden ermordet, 30.000 jüdische Männer
in Konzentrationslager deportiert und etwa 1000 Synagogen
niedergebrannt. Die Juden in Deutschland wurden dazu gezwungen,
die Schäden in Höhe von einer Milliarde Reichsmark
als “Sühneleistung” selbst zu zahlen. Im
gleichen Monat folgten neue Gesetze, um Juden aus dem Wirtschaftsleben
auszuschalten, jüdische Kinder aus den Schulen zu werfen
und ihre Bewegungsfreiheit in der Öffentlichkeit einzuschränken.
Nach dem Beginn des II. Weltkriegs im September 1939 wurden
weitere antijüdische Maßnahmen in Kraft gesetzt,
die den verbliebenen Juden das Leben in Deutschland noch
schwerer machten (117.000 Juden flohen 1938 und 1939, als
die Nazis die Abwanderung forcierten). Juden wurde verboten,
ihre Wohnungen nach Einbruch der Dunkelheit zu verlassen,
sie wurden aus bestimmten Stadtteilen verbannt, erhielten
gekürzte Lebensmittelrationen, durften nicht in allen
Geschäften einkaufen und mussten Schmuck, Radios, Photoapparate,
elektrische Geräte und Wertsachen abgeben.
Juden wurden von der übrigen Bevölkerung isoliert.
Sie mussten in so genannten „Judenhäusern” leben.
In diesen Häusern durften nur Juden wohnen. Juden, die
als “arbeitsfähig” eingestuft wurden, mussten
Zwangsarbeit leisten und willkürliche Verhaftungen und
Einweisungen in Konzentrationslager gingen weiter. Ab September
1941 mussten alle Juden über sechs Jahre den Judenstern
tragen, sie durften keine öffentlichen Verkehrsmittel
mehr benutzen.
Nach Beginn des II. Weltkriegs starteten die Nazis ein neues
Massenmordprogramm: die so genannte “Euthanasie” zur
Ermordung von Kranken und Behinderten. Unter ihrem Deckmantel
wurden viele Hundert Juden ermordet. Insgesamt fielen der
Aktion etwa 120.000 Menschen zum Opfer.
Im Februar 1940 begannen die Deportationen von Juden aus
Deutschland, und zwar im Raum Stettin und Schneidemühl.
Die nächste Aktion folgte im Sommer mit der Vertreibung
von 7.500 Juden aus Baden, der Pfalz und dem Saarland nach
Frankreich, wo die meisten ins Konzentrationslager Gurs kamen
(und später in die Vernichtungslager im Osten). Im Oktober
1941 begann die systematische Deportation aus dem Reichsgebiet.
Die meisten dieser anfänglichen Transporte hatten die
Ghettos von Lodz und Warschau in Polen zum Ziel sowie Riga,
Kowno und Minsk in den bereits besetzten Gebieten der Sowjetunion,
wo die „Endlösung“ bereits begonnen hatte.
In einigen Fällen wurden die deutschen Juden sofort
nach ihrer Ankunft am Zielort ermordet, andere teilten das
Schicksal mit den Juden in den örtlichen Ghettos. 1942
und 1943 wurden deutsche Juden direkt in die Vernichtungslager
in Polen deportiert, hauptsächlich nach Auschwitz. Rund
42.000 Juden aus Deutschland, überwiegend ältere
Menschen und „Privilegierte“, wurden in das Ghetto
Theresienstadt deportiert. Die meisten starben entweder dort
oder nach dem Weitertransport in Vernichtungslager.
Im Juli 1943, nach Beendigung der Deportationen, erklärten
die Nazis die „Liquidierung“ der deutschen Juden
offiziell für abgeschlossen. Alle verbliebenen jüdischen
Organisationen wurden geschlossen. Zu dieser Zeit lebten
nur noch 15.000 Juden in Deutschland, die meisten waren verheiratet
mit nichtjüdischen Partnern.
Von den schätzungsweise 566.000 Deutschen, die von
den “Nürnberger Gesetzen” als Juden eingestuft
worden waren, haben die Nazis und ihre Helfer rund 140.000
ermordet. Darin eingeschlossen sind mehrere Tausend Selbstmorde
und die ermordeten Juden des „Euthanasieprogramms“.
Die meisten der Überlebenden waren in Länder emigriert,
die nicht von Deutschen besetzt wurden. Insgesamt lebten
nach 1945 20.000 Juden in Deutschland, die meisten von ihnen
hatten in Mischehen überlebt oder waren Mischlinge. Über
5.000 Juden hatten in Verstecken überlebt. Weitere 5.000
Juden überlebten im Ghetto/Konzentrationslager Theresienstadt.
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