Simon
Wiesenthal Center startet "Operation Last Chance" /
Hohe Belohnungen ausgesetzt
60 Jahre nach Ende des Nazi-Regimes will das Simon-Wiesenthal-Center
die letzten lebenden Naziverbrecher in Deutschland mit Hilfe
der Bevölkerung aufspüren. Dazu startete der Chef-Nazijäger
des Centers, Efraim Zuroff, die "Operation letzte Chance".
Berlin · 26. Januar · Einen Tag vor den Gedenkfeierlichkeiten
des Deutschen Bundestages für die Holocaust-Opfer stellte
das Institut aus Los Angeles im Reichstagsgebäude die
Aktion vor. Zeugen, die Informationen über bislang unbestrafte
NS-Täter besitzen, werden aufgefordert, sich zu melden.
Kommt es zu einer Anklage oder Bestrafung, zahlt das Institut
eine Belohnung von 10 000 Dollar. "Auch nach so vielen
Jahren: Es ist noch möglich, viele Täter zur Verantwortung
zu ziehen", sagte Efraim Zuroff. Er schätzt, dass
noch tausende von NS-Tätern auf freiem Fuß sind.
Deutschland ist das neunte Land, in dem das Projekt anläuft.
Vor zweieinhalb Jahren startete das Institut seine Operation
in den baltischen Staaten. Seitdem wurde die Aktion auch
auf Polen, Rumänien, Österreich, Kroatien und Ungarn
ausgedehnt. Besonders in den ehemaligen Sowjetrepubliken
gebe es kaum einen politischen Willen, NS-Verbrechen aufzuklären; "das
ist in Deutschland ganz anders", betonte Zuroff, der
sich "zuversichtlich" zeigte, mit der Aktion NS-Verbrecher
aufzuspüren. Bislang erhielt das Institut die Namen
von 329 Verdächtigen, 79 davon wurden letztlich an die
zuständigen Staatsanwaltschaften in den acht Ländern
weitergeleitet. In Litauen und Lettland wurden daraufhin
18 Strafverfahren wegen Mordverdachts gegen mehr als 40 Verdächtige
eingeleitet.
Auch in Deutschland hat das Wiesenthal-Center bereits die
Namen von fünf Verdächtigen erhalten. Das heiße
aber nicht, dass es sich dabei bereits um Nazi-Verbrecher
handele, sagte Zuroff, der die Namen nicht publik machen
wollte. Jeder Name, alle Beweise und Informationen würden
zunächst genau geprüft werden.
Besonders hat es das Institut auf den NS-Arzt Aribert Heim
abgesehen. Er soll im Konzentrationslager Mauthausen hunderte
Juden auf grausame Weise getötet haben. Seit 1962 ist
er auf der Flucht. Die deutschen Behörden haben 130
000 Euro ausgesetzt.
Der außenpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion,
Gert Weisskirchen, begrüßte die Aktion. Er forderte
alle Deutschen auf, die Täter kennen, dafür zu
sorgen, dass diese gerecht be- und verurteilt würden. "Die
Opfer, die noch leben, müssen wissen, dass Gerechtigkeit
in Deutschland nicht nur auf dem Papier steht, sondern auch
verwirklicht wird.
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