Das
Simon-Wiesenthal-Center sucht die letzten noch lebenden NS-Verbrecher
Die Jagd auf NS-Täter ist noch nicht zu Ende. Das Simon
Wiesenthal Centre ist sicher, dass es noch Tausende NS-Verbrecher
gibt, die nie zur Rechenschaft gezogen wurden, die noch unbehelligt
unter uns sind. Aber die Zeit drängt, und deshalb hat
das Simon Wiesenthal Centre in Jerusalem ein Projekt konzipiert,
in dem die Mithilfe der Bevölkerung eine entscheidende
Rolle spielt. Die "Operation Last Chance" setzt eine
Belohnung von 10.00 Euro aus für Hinweise, die zur Anklage
und Verurteilung von NS-Verbrechern führen. So sollen
Zeugen gefunden werden, um bisher unbestrafte NS-Täter
vor Gericht bringen zu können. Das Argument, das seien
doch nun alles alte, kranke Leute, die man in Ruhe lassen solle,
lässt Efraim Zuroff nicht gelten. Er ist der Nachfolger
des legendären Nazi-Jägers Simon Wiesenthal und Direktor
des Wiesenthal Zentrums in Jerusalem:
Ich möchte eines klarstellen, die Tatsache, dass einer
der der Justiz 40 oder 50 Jahre entgehen konnte, macht aus
einen NS-Kriegsverbrecher keinen rechtschaffenen Bürger.
Die Jahre, die vergangen sind, verringern seine Schuld in
keiner Weise. Und solange diese Männer gesund und
prozessfähig sind, gibt es keinerlei Grund , ihnen nicht
den Prozess zu machen.
Es geh auch nicht um Rache, betont Ariel Rubin, dessen Stiftung
die Operation Last Chance mit finanziert. Die Nazis haben
seine Eltern die Flucht getrieben und Verwandte ermordet
. Aber, so sagt er, es gehe um Gerechtigkeit.
Es geht um Gerechtigkeit. Der jetzt 80 jährige Wachmann
habe seine Frau und seine Enkel. Wir haben keine Großmütter,
die uns unser kulturelles Erbe überliefern können.
Aber es geht um Gerechtigkeit, das war so und das wird auch
in Zukunft immer so sein.
Natürlich sind sich Zuroff und seine Helfer über
die Schwierigkeiten im Klaren, nach so langer Zeit einen
NS-Täter zu überführen. Aber es gelingt allen
Schwierigkeiten zum Trotz auch heute noch. Seit die Operation
Last Chance Anfang 2001 in acht ehemaligen kommunistischen
Ländern und Österreich begann, wurden 329 mutmaßliche
Verdächtige namhaft gemacht, gegen 74 wurde ein Verfahren
eröffnet, 27 wurden verurteilt.
Man begann in den baltischen Staaten, weil dort die Zahl
der Opfer und die Zahl der einheimischen Kollaborateure besonders
groß war, dann folgten andere ehemals kommunistische
Staaten und Österreich.
In diesen Ländern sei der Mangel an politischem Willen,
NS-Täter zu verfolgen ein Teil des Problems, besonders
in Österreich. In Deutschland hingegen fehle es nicht
am politischen Willen.
Das allerdings ist kein Grund zur Selbstzufriedenheit.
Das Simon Wiesenthal Centre vermutet auch hier noch Tausende
bisher nicht zur Rechenschaft gezogener Nazi-Verbrecher,
denn, so sagt Zuroff, die Justiz habe allzu viele, die
sich darauf beriefen, lediglich einen Befehl ausgeführt
zu haben, laufen lassen.
Bisher hat die "Operation Last Chance" hier fünf
Namen von Verdächtigen erhalten. Gesucht werden eine
KZ-Wächterin aus Majdanek und eine Gruppe von Männern,
die am 8.Juli 1944 im französischen Annemasse eine junge
Frau gefoltert und ermordet haben. Ganz oben auf der Liste
der Gesuchten steht der Arzt Aribert Heim, der als KZ-Arzt
einige hundert Menschen ermordet und an Häftlingen medizinische
Experimente durchgeführt haben soll. Er wird mit internationalem
Haftbefehl gesucht. Eines ist klar, ohne die Mithilfe der
Bevölkerung hat die Operation Last Chance keine Chance.
URL: http://www.dradio.de/dlf/sendungen/kulturheute/343018/ |