Budapest - Die Budapester Staatsanwaltschaft hat den verdächtigten
Nazi-Kriegsverbrecher Sandor Kepiro verhört. Es wäre "beispielgebend" wenn Sandor Kepiro wegen seiner Kriegsverbrechen verurteilt würde, erklärte
Peter Feldmajer, Vorsitzender des Verbandes der Ungarischen
Jüdischen Gemeinden (Mazsihisz), zitierte die Ungarische
Nachrichtenagentur MTI am Dienstag. Seine Verurteilung
könnte demonstrieren, dass all jene, die "heute solche Verbrechen begehen, auch nach 20 oder 70 Jahren noch belangt werden
können".
Feldmajer kritisierte zugleich die ungarischen Behörden für den bisherigen "unbegründeten Verzug" und brachte seine Hoffnung zum Ausdruck, dass das Gericht die Schuld von Kepiro
feststellen und eine Flucht des Verdächtigten ins Ausland
verhindern werde.
Lebenslang möglich
Die Staatsanwaltschaft hatte Hausarrest
für Kepiro gefordert, was jedoch vom Budapester Gericht abgelehnt
wurde. Die Handlung des Verdächtigten wird nach dem Strafgesetzbuch
als "Sonstige Kriegsverbrechen" qualifiziert, was mit einer lebenslangen Strafe sanktioniert werden könne. Laut
dem Mazsihisz-Vorsitzenden Feldmajer könnte gegenwärtig die
Zahl der aus Ungarn stammenden Kriegsverbrecher zwischen
zehn und 20 liegen.
Auf der aktuellen Liste der zehn meistgesuchten
Nazi-Kriegsverbrecher des Simon-Wiesenthal-Zentrums in Jerusalem
steht Kepiro an zweiter Stelle. Der gebürtige Ungar (95)
wird verdächtigt, im Jänner 1942 an der Ermordung von mehr
als 1.200 Zivilisten im serbischen Novi Sad teilgenommen
zu haben. Kepiro war 1946 in Abwesenheit von einem ungarischen
Volksgerichtshof als Kriegsverbrecher zu 14 Jahren Gefängnis
verurteilt worden. Der ehemalige Gendarm hatte sich bereits
zuvor nach Argentinien abgesetzt.
1996 kehrte er nach Budapest zurück.
Im Herbst 2006 hatte ihn das Wiesenthal-Zentrum dort aufgespürt.
Kepiro selbst bestreitet jede Schuld. Ein Budapester Gericht
befand 2007, dass das Urteil gegen Kepiro aus dem Jahr 1946
nicht angewandt werden könne. Obwohl Kriegsverbrechen nach
ungarischem Recht nicht verjähren, leitete die Staatsanwaltschaft
kein neues Verfahren ein.
derstandard.at
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