Einer der meistgesuchten Nazi-Kriegsverbrecher, der Ungar
Sandor Kepiro, muss sich ab Donnerstag vor einem Gericht
in Budapest wegen der Ermordung von 36 Menschen im serbischen
Novi Sad im Jahr 1942 verantworten. Der Prozess gegen den
97-jährigen Angeklagten könnte nach Einschätzung des Simon-Wiesenthal-Zentrums
eines der letzten, wenn nicht gar das letzte große Verfahren
gegen einen NS-Kriegsverbrecher sein.
Der frühere ungarische Polizeioffizier wird verdächtigt, 1942 an der Ermordung
von mindestens 1200 Juden, Sinti und Roma in Novi Sad teilgenommen
zu haben - konkret werden ihm nun 36 Fälle vorgeworfen. Nach
Jahrzehnten in Argentinien kehrte Kepiro 1996 unbehelligt
nach Ungarn zurück. In Budapest, wo er direkt gegenüber einer
Synagoge wohnte, spürte ihn zehn Jahre später der Direktor
des Simon-Wiesenthal-Zentrums in Jerusalem und Leiter der
Kampagne "Operation Letzte Chance", Efraim Zuroff, auf.
In ihrer Anklage vom Februar wirft die ungarische Staatsanwaltschaft Kepiro vor,
im Januar 1942 als Kommandeur einer Patrouille die Erschießung
unschuldiger Zivilisten angeordnet zu haben. Kepiro gibt
zu, bei der Razzia vom 21. bis 23. Januar 1942 dabei gewesen
zu sein, beteuert aber seine Unschuld. "Ich habe nichts bereut, ich habe nur meine Pflicht getan", sagte er im vergangenen Oktober einer Journalistin des privaten Fernsehsenders
ATV, die ihn fragte, ob er Reue empfinde. Bis zum Beginn
des Prozesses blieb der noch rüstige Kepiro auf freiem Fuß.
Kepiro steht weit oben auf der Liste des Simon-Wiesenthal-Zentrums in Los Angeles,
das auf die Suche von Kriegsverbrechern spezialisiert ist.
Seine Beteiligung am Massaker von Novi Sad hat ihm in den
Jahren 1944 und 1946 bereits zwei Prozesse eingebracht. Im
zweiten Prozess wurde er in Abwesenheit zu 14 Jahren Haft
verurteilt, doch er war bereits zwei Jahre zuvor nach Argentinien
ausgewandert, dem Zufluchtsland vieler NS-Kriegsverbrecher.
Kepiros Verteidigung hat die Nationale Rechtsstiftung übernommen. Sie wird von
Tamas Nagy Gaudi geleitet, einem Parlamentsabgeordneten der
rechtsextremen Jobbik-Partei. Im Falle seiner Verurteilung
droht Kepiro lebenslange Haft.
123recht.net
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