Der mutmaßliche Nazi-Kriegsverbrecher Laszlo Csatary ist in Budapest festgenommen
und unter Hausarrest gestellt worden. Dem 97-Jährigen, der
für die Deportation von 15.700 Juden in das Vernichtungslager
Auschwitz zwischen 1941 und 1944 mitverantwortlich gemacht
wird, droht laut Staatsanwaltschaft eine Anklage wegen Kriegsverbrechen.
Csatary plädierte demnach auf "nicht schuldig".
Csatary wurde nach der Vernehmung durch einen ermittelnden Militärrichter wieder
freigelassen und stieg vor dem Militärgericht in Budapest
begleitet von zwei Freunden in ein Auto. Sein Anwalt Gabor
Horvath wollte nicht mitteilen, wo sein Mandant seinen zunächst
auf 30 Tage begrenzten Hausarrest verbringen werde.
Csatary, der zuletzt ganz oben auf
der Liste der meistgesuchten NS-Verbrecher des Simon-Wiesenthal-Zentrums
stand, war vor wenigen Tagen in Budapest aufgespürt worden.
Er war während des Zweiten Weltkriegs Polizeichef im jüdischen
Ghetto der Stadt Kosice im ungarisch besetzten Teil der Slowakei.
Dort soll er Juden grausam misshandelt haben und an Deportationen
nach Auschwitz beteiligt gewesen sein.
Der 97-Jährige bestritt bei seiner
Befragung seine Verantwortung für die Deportationen. "Er hat bestritten, der Verbrechen schuldig zu sein, die ihm vorgeworfen werden", sagte Staatsanwalt Tibor Ibolya in Budapest. "Eines seiner Verteidigungsargumente ist, dass er Befehlen gehorchte."
Angesichts der Schwere der Vorwürfe
und der Notwendigkeit, die Unschuldsvermutung gelten zu lassen,
sowie angesichts des hohen Alters des Beschuldigten könnte
Csatary laut Staatsanwaltschaft vorerst das Gefängnis erspart
bleiben. "In diesem Fall würde die Polizei ihm seinen Pass abnehmen", sagte Ibolya. Csatary sei "in guter körperlicher und geistiger Verfassung" und zudem "kooperativ". Die Festnahme habe Csatary überrascht, doch habe er mit seiner Vernehmung gerechnet.
Der französische Nazi-Jäger Serge
Klarsfeld brachte erneut seine Skepsis gegenüber der ungarischen
Justiz zum Ausdruck. Csatary werde in dem Land "nicht verurteilt" werden, sagte Klarsfeld der Nachrichtenagentur AFP in Paris. Die Festnahme sei
nur ein "Zugeständnis" an die internationale Öffentlichkeit. Klarsfeld begründete seine Ansicht erneut
damit, dass die Regierung in Ungarn "extrem rechts" sei. Der Direktor des Simon-Wiesenthal-Zentrums in Jerusalem, Efraim Zuroff,
begrüßte Csatarys Festnahme.
Csatary hatte 17 Jahre lang unbehelligt
unter seinem echten Namen in Budapest gelebt. Den ungarischen
Behörden wurde zuletzt Untätigkeit vorgeworfen, da sie seit
mehr als zehn Monaten über Informationen des Wiesenthal-Zentrums
zu Csatarys Vergangenheit verfügten.
Csatary war 1948 bereits in der Tschechoslowakei
in Abwesenheit zum Tode verurteilt worden und hatte lange
Zeit unter falscher Identität als Kunsthändler in Kanada
gelebt. 1995 setzte er sich nach Ungarn ab, als er von den
kanadischen Behörden enttarnt wurde. Vor seiner Flucht hatte
er vor kanadischen Ermittlern seine Beteiligung an der Deportation
von Juden eingeräumt, seine Rolle aber als "begrenzt" bezeichnet. welt.de
|