Er steht auf der Fahndungsliste des Wiesenthal-Zentrums ganz oben und soll
für die Deportation von bis zu 16.000 Juden verantwortlich
sein: Nun wurde László Csatáry entdeckt. Ein britisches Reporter-Team
stellte den 97-Jährigen in Budapest.
Budapest - Der mutmaßliche Nazi-Kriegsverbrecher László Csatáry ist nach Informationen
des Simon Wiesenthal-Zentrums gefunden worden. Wie das Jerusalemer
Büro des Wiesenthal-Zentrums am Sonntag mitteilte, wurde
der 97-Jährige von der britischen Boulevard-Zeitung "The Sun" in der ungarischen Hauptstadt Budapest fotografiert und gefilmt.
Csatáry steht derzeit auf der Liste
der gesuchten Weltkriegs-Verbrecher des Wiesenthal-Zentrums
ganz oben. Als Polizeichef des damals ungarischen Kassa,
heute Kosice in der Ostslowakei, soll er im Jahr 1944 an
der massenhaften Deportation aus dem jüdischen Ghetto mitgewirkt
haben. 15.700 Juden wurden damals in das Vernichtungslager
Auschwitz gebracht. Außerdem, so der Vorwurf, habe er ein
Arbeitslager mit unmenschlichen Bedingungen für die Inhaftierten
geleitet.
Nach dem Krieg gelang Csatáry im Jahr
1949 die Flucht nach Kanada, wo er viele Jahre unter anderem
in Montreal und Toronto als Kunsthändler gearbeitet hat.
Erst 1997 flog seine Tarnung auf - doch Csatáry entkam erneut.
Seitdem war er in Ungarn vermutet worden, nun wollen ihn
die "Sun"-Reporter ausgemacht haben. Mit den Vorwürfen konfrontiert, stritt der mutmaßliche
Kriegsverbrecher die Anschuldigungen ab. Das Boulevardblatt
veröffentlicht auf seiner Internetseite Fotos, die Csatáry
beim Einkaufen und in der Tür seiner Wohnung zeigen.
Das Wiesenthal-Zentrum übergab seine
Informationen laut Zuroff auch der Staatsanwaltschaft in
Budapest. Vize-Staatsanwalt Jenö Varga konnte am Sonntag
zu dem Fall keine Einzelheiten mitteilen. Er sagte lediglich,
eine "Untersuchung" sei im Gange, die Staatsanwaltschaft werte die "eingegangenen Informationen aus".
Die Informationen über Csatáry wurden
vom Direktor des Wiesenthal-Zentrums in Jerusalem, Efraim
Zuroff, veröffentlicht. Zuroff sagte, die "Sun" habe sich bei ihren Recherchen auf Informationen gestützt, die vom Wiesenthal-Zentrum
im September 2011 herausgegeben wurden.
Zuroff hatte im Dezember auch in Berlin
eine neue Kampagne zur Enttarnung und Verurteilung noch lebender
NS-Verbrecher mit Hilfe örtlicher Ermittlungsbehörden vorgestellt.
Er sagte, das Zentrum setze eine Belohnung von 25.000 Euro
für Informationen aus, die zur Ergreifung und Verurteilung
von Menschen führen, die in NS-Verbrechen verwickelt waren.
Das Simon-Wiesenthal-Zentrum arbeitet
bei der Kampagne mit der Targum-Shlishi-Stiftung in den USA
zusammen. Die Kampagne soll Ermittlungsbehörden dabei unterstützen,
Kriegsverbrecher in Deutschland, Österreich, Polen, Rumänien,
Ungarn, Kroatien und den baltischen Staaten zu finden. spiegel.de
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