Donnerstag, 28.03.2013 – 17:23 Uhr spiegel.de‏‏‏
Mutmaßlicher Nazi-Kriegsverbrecher: Csatáry droht Auslieferung in Slowakei

Bratislava - Dem mutmaßlichen ungarischen Nazi-Kriegsverbrecher László Csatáry droht die Auslieferung in die Slowakei. Dort müsste er lebenslänglich ins Gefängnis. Das zuständige slowakische Regionalgericht habe ein 1948 gegen Csatáry verhängtes Todesurteil in eine lebenslängliche Haftstrafe umgewandelt, bestätigte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft der Region Kosice. Damit sei eine tatsächlich vollziehbare Strafe verfügt worden. Die Todesstrafe ist in der Slowakei abgeschafft.

Ein Auslieferungsantrag der Slowakei an Ungarn sei möglich, sobald die Gerichtsentscheidung dem Verurteilten vorliege, sagte der Sprecher. Csatáry könne aber beim Obersten Gericht der Slowakei Berufung einlegen.

In Kosice war Csatáry am 8. Juni 1948 in Abwesenheit zum Tode verurteilt worden. Dem Urteil zufolge war er maßgeblich an der Deportation von Juden aus der damals ungarisch besetzten Stadt in deutsche Konzentrationslager beteiligt.

Csatáry war Chef der Polizei im jüdischen Ghetto von Kosice. Konkret wird ihm vorgeworfen, in den Jahren 1941 bis 1944 geholfen zu haben, 15.700 Juden in das NS-Konzentrationslager Auschwitz zu deportieren. Der heute 98-Jährige soll außerdem wiederholt sein Amt missbraucht haben, um persönlich vor allem Juden sadistisch zu quälen. Nach Jahrzehnten aufgetauchte Akten hatten gezeigt, welche Macht er im Ghetto hatte.

Csatáry wurde am 18. Juli 2012 in seiner Wohnung in Budapest festgenommen und steht seitdem dort unter Hausarrest. Er hatte sich 1948 nach seiner Verurteilung nach Kanada abgesetzt und dort bis 1995 unter falscher Identität gelebt. Als die Behörden seiner Vergangenheit auf die Spur kamen, floh er nach Ungarn. Dort lebte er unbehelligt, bis ihn im vergangenen Sommer britische Journalisten aufspürten.

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