18.06.13 welt.de
Ungarn klagt 98 Jahre alten NS-Kriegsverbrecher an

Der ungarische Nazi-Kriegsverbrecher Laszlo Csatáry muss sich wegen Beihilfe zur Tötung Tausender Juden verantworten. Der 98-Jährige war bereits 1948 in Abwesenheit zum Tode verurteilt worden.

Wegen Beihilfe zur Tötung Tausender Juden im Zweiten Weltkrieg hat die ungarische Justiz Anklage gegen den Nazi-Kriegsverbrecher Laszlo Csatáry erhoben. Da der Fall des 98-Jährigen "außergewöhnlich" sei, müsse nun binnen 90 Tagen ein Prozess gegen ihn beginnen, teilte die Staatsanwaltschaft mit.

Csatáry soll in den Jahren 1941 bis 1944 maßgeblich an der Deportation von 15.700 Juden aus dem Ghetto Kaschau (Kosice) in der heutigen Slowakei in Konzentrationslager der Nationalsozialisten mitgewirkt haben. Nach dem Krieg lebte Csatáry lange Jahre unbehelligt unter falschem Namen als Kunsthändler in Kanada.

Als die Behörden schließlich im Jahr 1995 seine wahre Identität herausfanden, floh er in seine ungarische Heimat. Im Jahr 2011 machte das Simon-Wiesenthal-Zentrum in Jerusalem die ungarischen Behörden auf seinen mutmaßlichen Aufenthaltsort aufmerksam. Mithilfe der jüdischen Organisation spürten dann im vergangenen Juli Reporter der britischen Boulevard-Zeitung "The Sun" Csatáry dann schließlich in der Hauptstadt Budapest auf, wo er in einer Zwei-Zimmer-Wohnung lebte.

Er wurde daraufhin festgenommen und steht seither unter Hausarrest. Das Wiesenthal-Zentrum hatte die "Operation Letzte Chance" ins Leben gerufen, um NS-Kriegsverbrecher vor deren Tod zur Rechenschaft zu ziehen.

Er will nur "Befehle erfüllt" haben

Csatáry war bereits im Juni 1948 in der damaligen Tschechoslowakei in Abwesenheit zum Tod verurteilt worden. Im April wandelte die slowakische Justiz das Todesurteil gegen ihn in eine lebenslange Haftstrafe um. Erst im März war davon die Rede, dass ihm dieAusweisung in die Slowakei drohe.

Kurz nach seiner Festnahme 2012 hatte Csatáry alle Anschuldigungen zurückgewiesen. Er habe als Polizeichef während der Nazi-Zeit "nur Befehle erfüllt", gab er laut Internetberichten bei der Vernehmung durch die Staatsanwaltschaft an.

Das widerspricht aber den Erkenntnissen aus dem Verfahren in der Slowakei: So sah das Gericht es nicht nur als erwiesen an, dass Csatáry an Deportationen aus Kaschau beteiligt war. Zudem soll er auch in mehreren Fällen sein Amt aus Sadismus missbraucht haben: Er soll persönlich Gefangene – vor allem Juden – gequält haben.

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