17. März 2010 17:02; 20min.ch
SS-Veteranen marschieren durch Riga

Ein Marsch von Veteranen der Waffen-SS in der lettischen Hauptstadt Riga könnte zum Problem werden für David Cameron, den Chef der britischen Konservativen.

Der Umzug am Dienstag war in Lettland und Russland umstritten. Dutzende Gegner protestierten gegen den Zug durch die Altstadt. Sie forderten auf Plakaten den Stopp des Marsches und erinnerten an die Gräueltaten der Nationalsozialisten im besetzten Lettland. Ein Gericht hatte den Aufmarsch und eine Gegendemonstration am Montag genehmigt.

У входа встали с флагами литовские и эстонские неонацисты, решившие поддержать латышских коллег. Правда, двоих таких быстро повязали полицейские, поскольку те устроили прямо–таки пикет. Один развернул плакат "Еврей, это латвийское государство!", второй — "Еврейские проститутки, закройте пасть!"

Am 16. März 1944 hatte die lettische Legion der Waffen-SS am Welikaja-Fluss gegen die sowjetische Armee gekämpft. 1998 erklärte das lettische Parlament den 16. März zum Gedenktag, zwei Jahre später strich es ihn wieder. Für viele Veteranen ist das Datum weiterhin ein informeller Feiertag. Letztes Jahr war der Marsch verboten worden.

Kritik von Juden und Russen

Rund 140 000 Letten hatten im Zweiten Weltkrieg auf Seiten Deutschlands gekämpft. Die Veteranen und ihre Anhänger erklären, sie seien keine Nazis. Ihr Ziel sei die Befreiung Lettlands vom sowjetischen Joch gewesen. Ein 86-jähriger Veteran erklärte gegenüber dem britischen «Independent», Letten seien zum Dienst in der «regulären» Wehrmacht nicht zugelassen gewesen, sie hätten nur in den «Legionen» der Waffen-SS kämpfen dürfen.

Viele Veteranen betonen, sie hätten sich nicht an Massakern an Juden beteiligt. Dies wird von Historikern bestritten. Efraim Zuroff, Direktor des Simon-Wiesenthal-Zentrums, betonte am Rand der Kundgebung, der Gedenktag sei «ein Versuch, die Geschichte umzuschreiben». Auch Moskau und die russische Minderheit in Lettland betrachten die Parade als Affront und werfen den Veteranen vor, Nazi-Deutschland zu glorifizieren. «Es ist ziemlich schwierig, sich als Helden zu bezeichnen, wenn man für die Nazis gekämpft hat», sagt Nils Usakovs, der russischstämmige Bürgermeister von Riga.

Camerons problematische Alliierte

Der SS-Marsch könnte Auswirkungen bis nach Grossbritannien haben. Denn zu den Mitorganisatoren gehörte die Lettische Vaterlands- und Freiheitspartei (LNNK). Sie sitzt im Europaparlament in der gleichen Fraktion wie die britischen Konservativen. Parteichef David Cameron hatte die Tories nach der Europawahl im letzten Sommer aus der konservativen Fraktion geführt und eine Gemeinschaft mit rechtsnationalen Parteien gebildet, um die EU-feindliche Basis seiner Partei zufrieden zu stellen.

Die politische Allianz mit einer Partei, die sich im Dunstkreis von SS-Kämpfern bewegt, könnte für Cameron im Hinblick auf die bald stattfindenden Unterhaus-Wahlen zum Problem werden. Der jüdische Aussenminister David Miliband, der Angehörige im Holocaust verloren hat, bezeichnete die Fraktionsgemeinschaft der Tories mit der LNNK als «ekelerregend». Ein Sprecher der Konservativen versuchte gegenüber der «Times» zu beschwichtigen. An der Kundgebung hätten «Vertreter der meisten lettischen Parteien» teilgenommen.

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