Gericht hob Aufmarschverbot auf - Regierungsvertreter "verwundert
und entsetzt"
Riga - Rechtsextreme Gruppen wollen in der lettischen Hauptstadt
Riga am morgigen Donnerstag den Jahrestag des Einmarsches
deutscher Truppen 1941 mit einem Gedenkmarsch "feiern".
Grünes Licht dafür gab ein Berufungsgericht, das ein ursprünglich
verfügtes Verbot aufhob. Ministerpräsident Valdis Dombrovskis
und Außenminister Aivars Ronis erklärten am Mittwoch gemeinsam,
sie seien über diese Gerichtsentscheidung "verwundert und entsetzt".
Bei allem Respekt vor den Menschenrechten und der Unabhängigkeit der Gerichte
könne "die Meinungsfreiheit nicht auf Nazi-Propaganda ausgedehnt werden", hieß es in der Erklärung der beiden Regierungsvertreter. Der geplante Gedenkmarsch
findet vier Tage vor einem Besuch des israelischen Außenministers
Avigdor Lieberman statt. Lieberman will am Sonntag an einer
Zeremonie zum Gedenken an die fast vollständige Vernichtung
der jüdischen Bevölkerung Rigas teilnehmen. Im Spätherbst
1941 wurden an insgesamt drei Tagen in den Wäldern von
Rumbula in der Nähe von Riga über 27.000 Juden erschossen.
Der Direktor des Simon-Wiesenthal-Centers in Jerusalem, Efraim Zuroff, erklärte: "Die Nazi-Invasion zu feiern, heißt, gleichzeitig auch den Massenmord an all denen
zu feiern, die die Nazis in Lettland zu ihren Opfern gemacht
haben. Das waren vor allem Juden, aber auch Kommunisten,
Sinti und Roma sowie psychisch Kranke."
Lettland war im Gefolge des Hitler-Stalin-Paktes
ab 1939 Teil des sowjetischen "Einflussgebietes". Am 1. Juli 1941 marschierte dann die deutsche Wehrmacht ein. Das baltische
Land wurde nach der deutschen Niederlage im Zweiten Weltkrieg
zur Sowjetrepublik, bis es 1991 die nationale Unabhängigkeit
erlangte. Der offiziellen Sprachregelung zufolge war Lettland
40 Jahre lang von der Sowjetunion "okkupiert".
derstandard.at
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