30. Juni 2010, 11:35 derstandard.at
Rechte Gruppen feiern Nazi-Einmarsch von 1941

Gericht hob Aufmarschverbot auf - Regierungsvertreter "verwundert und entsetzt"
Riga - Rechtsextreme Gruppen wollen in der lettischen Hauptstadt Riga am morgigen Donnerstag den Jahrestag des Einmarsches deutscher Truppen 1941 mit einem Gedenkmarsch "feiern". Grünes Licht dafür gab ein Berufungsgericht, das ein ursprünglich verfügtes Verbot aufhob. Ministerpräsident Valdis Dombrovskis und Außenminister Aivars Ronis erklärten am Mittwoch gemeinsam, sie seien über diese Gerichtsentscheidung "verwundert und entsetzt".

Bei allem Respekt vor den Menschenrechten und der Unabhängigkeit der Gerichte könne "die Meinungsfreiheit nicht auf Nazi-Propaganda ausgedehnt werden", hieß es in der Erklärung der beiden Regierungsvertreter. Der geplante Gedenkmarsch findet vier Tage vor einem Besuch des israelischen Außenministers Avigdor Lieberman statt. Lieberman will am Sonntag an einer Zeremonie zum Gedenken an die fast vollständige Vernichtung der jüdischen Bevölkerung Rigas teilnehmen. Im Spätherbst 1941 wurden an insgesamt drei Tagen in den Wäldern von Rumbula in der Nähe von Riga über 27.000 Juden erschossen.

Der Direktor des Simon-Wiesenthal-Centers in Jerusalem, Efraim Zuroff, erklärte: "Die Nazi-Invasion zu feiern, heißt, gleichzeitig auch den Massenmord an all denen zu feiern, die die Nazis in Lettland zu ihren Opfern gemacht haben. Das waren vor allem Juden, aber auch Kommunisten, Sinti und Roma sowie psychisch Kranke."

Lettland war im Gefolge des Hitler-Stalin-Paktes ab 1939 Teil des sowjetischen "Einflussgebietes". Am 1. Juli 1941 marschierte dann die deutsche Wehrmacht ein. Das baltische Land wurde nach der deutschen Niederlage im Zweiten Weltkrieg zur Sowjetrepublik, bis es 1991 die nationale Unabhängigkeit erlangte. Der offiziellen Sprachregelung zufolge war Lettland 40 Jahre lang von der Sowjetunion "okkupiert".

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