08.08.2012
faz.net
Ministerwürden für rumänischen Holocaust-Leugner
Von Karl-Peter Schwarz

Der rumänische Ministerpräsident Ponta hat einen Holocaust-Leugner in seine Regierung aufgenommen. Das New Yorker Simon-Wiesenthal-Zentrum äußerte sich empört über die Ernennung von Dan Sova zum Minister.

Die Aufnahme des Holocaust-Leugners Dan Sova in die rumänische Regierung des sozialdemokratischen Ministerpräsidenten Victor Ponta ist auf heftige Kritik gestoßen. Efraim Zuroff vom Simon-Wiesenthal-Zentrum in New York sagte im rumänischen TV-Sender „Money channel“, diese Entscheidung sei „absolut empörend“ und „peinlich für die Regierung und das Land“.

Auf die Frage, wie er es sich erkläre, dass ein junger Politiker in Rumänien den Holocaust leugnen könne, sagte Zuroff: „Das kommt von der Ignoranz, wahrscheinlich vom Rassismus und Antisemitismus, vielleicht auch vom Ultranationalismus.“

Der 39 Jahre alte Sova, von Beruf Rechtsanwalt und seit vier Jahren Senator der sozialdemokratischen Partei, soll den Posten des Ministers für die Verbindung zum Parlament übernehmen. Er gehört zu den engsten Vertrauten des etwa gleich alten Victor Ponta. Neben Rechtswissenschaft studierte Sova in Bukarest auch Geschichtswissenschaft. Im März dieses Jahres sagte er in einem Fernseh-Interview, „dank Marschall Antonescu“, dem von 1940 bis 1944 amtierenden, und mit Hitler verbündeten Diktator, sei „keinem Juden auf rumänischem Territorium ein Leid geschehen“. Im Besonderen bestritt Sova das Pogrom von Jassy (Iai) am 29. Juni 1941, bei dem mehr als 13.000 Juden, vielleicht sogar 15.000, von rumänischen Soldaten, Polizisten und Zivilisten ermordet wurden. In Jassy, behauptete hingegen Senator Sova, seien während des Pogroms nur 24 Juden von der Wehrmacht umgebracht worden.
Im März 2012 abermals geleugnet

In den neunziger Jahren war es in Rumänien üblich gewesen, die eigene Beteiligung am Holocaust abzustreiten. Der Kult um Ion Antonescu, der schon unter dem nationalkommunistischen Diktator Ceausescu begonnen hatte, vereinigte ehemalige Kommunisten und großrumänische Nationalisten. Der prominenteste Holocaust-Leugner war Ion Iliescu, der von 1990 bis 1996 und noch einmal von 2000 bis 2004 Präsident Rumäniens war. Seine Äußerungen lösten eine heftige internationale Debatte aus, die Iliescu 2003 zur Einrichtung einer von Nobelpreisträger Elie Wiesel geleiteten Historikerkommission veranlasste. Sie kam zu dem Ergebnis, dass in Rumänien, einschließlich der damals rumänisch beherrschten nördlichen Bukowina, Bessarabiens und Transnistriens, 280.000 bis 300.000 Juden und an die 20000 Roma ermordet wurden. Dieser Massenmord war teils in Zusammenarbeit mit der SS und deutschen Polizeieinheiten, teils auf rumänische Initiative erfolgt. Seit 2006 ist ein Gesetz in Kraft, das die Leugnung des Holocausts mit bis zu fünf Jahren Haft bestraft. Rumänien schien sich endlich mit diesem Kapitel seiner Geschichte zu beschäftigen.

Umso größeres Aufsehen erregte es, als der Historiker Sova, damals Pressesprecher des sozialdemokratischen Parteivorsitzenden und Oppositionsführers Victor Ponta, im März 2012 die rumänische Beteiligung am Holocaust wieder glattweg in Abrede stellte. Als das Wiesel-Institut für Holocaust-Studien in Bukarest protestierte und sich ihm prominente in- und ausländische Intellektuelle anschlossen, distanzierte sich Ponta von Sova. Er setzte ihn als Pressesprecher ab und schickte ihn nach Washington, damit er sich im Holocaust Memorial Museum über die historischen Fakte informieren könne.

Sova selbst klagte, seine Äußerungen seien „entstellt“ und „aus dem Zusammenhang“ gerissen worden, er habe nie die Absicht gehabt, den Holocaust in Rumänien zu leugnen. Wie im sozial-liberalen Parteienbündnis USL üblich, führte auch Sova die negativen internationalen Reaktionen auf Missverständnisse zurück und räumte lediglich ein, dass ihm Fehler in der Kommunikation unterlaufen sein könnten. Die Aufnahme des Sozialdemokraten Sova in die rumänische Regierung bestärkt die Vermutung, dass Ponta auf internationale Kritik immer weniger Rücksicht nimmt.

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